Briefkasten der "Ersten Abwicklungsanstalt" der WestLB: Bei künftigen Finanzkrisen soll der private Finanzsektor an den Folgen beteiligt werden.
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will laut Medieninformationen eine Beteiligung des privaten Finanzsektors an den Folgen künftiger Schuldenkrisen von Euro-Ländern erreichen. Dies berichteten «Spiegel» und «Zeit.de» am Samstag und beriefen sich auf ein vertrauliches Positionspapier der Bundesregierung.
Wenn grundsätzlich solvente Euroländer Zugang zu kurzfristigen Liquiditätshilfen erhielten, solle in der Regel der Privatsektor einbezogen werden - «zumindest durch Verlängerung der Laufzeiten, erforderlichenfalls zusätzlich mit einem Zinscut», zitierte «Zeit.de» aus dem Papier.
Der «Spiegel» schrieb unter Berufung auf das Konzept für einen «permanenten Krisenbewältigungsmechanismus», damit sollten private Anleger - zum Beispiel Banken - an den Kosten einer Staatspleite in der Euro-Zone beteiligt werden. Umschuldungsklauseln sollten nach dem Willen der Bundesregierung ab dem Jahr 2013 in die Bedingungen für alle neuen Staatsanleihen in der Euro-Zone aufgenommen werden. Das besonders vertrauliche Papier wurde vom Finanzministerium ausgearbeitet worden und sei mit dem Kanzleramt, dem Außenamt und dem Wirtschaftsministerium abgestimmt, schrieb der «Spiegel».
Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums sagte der dpa auf Anfrage, die Regierung speise ihre Anregungen «aktiv in den Dialog mit den europäischen Partnern ein», äußere sich aber nicht über Spekulationen zu möglichen Inhalten. Sie verwies darauf, dass die EU- Kommission vom Europäische Rat den Arbeitsauftrag erhalten habe, bis Mitte Dezember einen Vorschlag für eine Neuregelung vorzulegen.
Die vom Finanzministerium vorgeschlagenen Umschuldungsregeln zielen laut dem Magazin darauf ab, bei leistungsfähigen Schuldnern «eine Änderung der Zahlungsbedingungen durch Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger rechtsverbindlich zu ermöglichen». Als Maßnahmen werden demnach Laufzeitverlängerung, Zinsschnitt und Forderungsverzicht aufgezählt.
Ein neutraler Verhandlungsführer solle zwischen einem Pleitestaat und Anlegern vermitteln: Diese Aufgabe solle einer «intergouvernementalen Institution übertragen werden, die gleichzeitig Finanzierungsgeber sein kann», zitierten «Spiegel» und «Zeit.de». Diese neue Einrichtung solle angeschlagene Länder zudem mit Liquiditätshilfen oder Garantien versorgen.
Die Mittel dafür sollten aus zwei Quellen stammen: Zum einen könnten dafür Strafen von Euro-Ländern genutzt werden, die fällig würden, wenn sie dauerhaft die Defizit-Obergrenze verletzten, schrieb der «Spiegel». Zum anderen sollten die Euro-Länder Geld einzahlen. Die Quoten dafür könnten sich zum Beispiel nach ihrem Anteil an der EZB richten. Voraussetzung für das Verfahren sei eine Analyse über die «Schuldentragfähigkeit» des Landes, die EU-Kommission, EZB und Internationaler Währungsfonds erstellen sollten.
Das Konzept könne 2013 aber noch nicht in vollem Umfang in Kraft treten, weil nicht genügend Anleihen mit Umschuldungsklauseln im Umlauf seien. Notwendig sei deshalb eine Übergangsfrist: Dafür sei ein «Zeitraum von voraussichtlich sechs bis acht Jahren zu veranschlagen, für den Übergangslösungen getroffen werden müssen», zitiert der «Spiegel» aus dem als «Non-Paper» klassifizierten Papier. So werden besonders vertrauliche Vorlagen genannt.