CDU Kreisverband Meppen

Halbzeit der Energiewende?

Prof. Dr. Josef Gochermann referiert beim Neujahrsempfang der CDU-Fraktion Haren

Haren (Ems) – Eröffnet wurde der Neujahrsempfang der CDU-Fraktion, zu dem wieder mehr als 150 Vertreter von Vereinen, Einrichtungen und Institutionen ins Harener Rathaus gekommen waren, mit dem Segensgruß der Sternsinger. Unter den Gästen waren neben Bürgermeister Honnigfort und Landrat Burgdorf auch die neue Landtagsabgeordnete Lara Evers und ihr Amtsvorgänger und neuer Ehrenbürger der Stadt Haren (Ems), Bernd-Carsten Hiebing, sowie Jaap Velema, Bürgermeister der niederländischen Nachbargemeinde Westerwolde.

In seiner Begrüßung ging Fraktionsvorsitzender Holger Cosse darauf ein, dass der Krieg in der Ukraine und die hohe Inflation mit den gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen vielen Menschen große Sorgen bereite. Ausschreitungen und tätliche Angriffe gegen Polizei und Rettungskräfte verursachten zudem bei vielen ein Gefühl der Unsicherheit. Solche Taten dürften daher nicht folgenlos bleiben. Die Polizei verdiene Respekt für ihren Dienst. Dabei sei Protest im politischen Diskurs notwendig, müsse aber friedlich erfolgen. In der Zukunftsstudie des renommierten Prognos-Institut sei das Emsland als eine „Region mit dem größten Zukunftspotenzial“ ermittelt worden. Ländliche Regionen, die einen guten Mix verschiedener Branchen haben und gleichzeitig Hochschulstandort sind, hätten demnach beste Chancen. Diese gelt es aber auch zu nutzen. Man dürfe sich nicht auf dem Erreichten ausruhen.

Bürgermeister Honnigfort skizzierte in einem Grußwort einige der Projekte, die sich Stadtrat und Verwaltung für das neue Jahr vorgenommen haben. Angesichts vieler Flüchtlinge kritisierte er die fehlende Unterstützung durch Bund und Land. „Die Kommunen werden bei der Unterbringung wieder weitgehend allein gelassen“, so Honnigfort. Er dankte den vielen Ehrenamtlichen und allen, die Wohnraum zur Verfügung stellen und somit einen Beitrag zur Bewältigung der Probleme leisten.

Ehrengast Prof. Dr. Josef Gochermann stellte seine Neujahrsansprache unter den Titel: „Halbzeit der Energiewende? An der Schwelle in eine neue Energiegesellschaft“. Er hat Physik und Astronomie studiert und verwaltet die Professur für Marketing und Technologiemanagement am Campus Lingen der Hochschule Osnabrück. Um von Halbzeit zu sprechen, müsse man Start- und Zielpunkt identifizieren. Aus seiner Sicht stelle das schon 1990 verabschiedete Stromeinspeisungsgesetz, der Vorläufer des späteren Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG), den Anfang dar. Es sei eines der weltweit ersten Gesetze zur Ökostrom-Einspeisung gewesen und habe Deutschland zu einem Vorreiter der erneuerbaren Energien gemacht. Bezogen auf die internationalen Ziele zur Dekarbonisierung, also der übergreifenden Reduzierung von CO2-Emissionen, habe die zweite Halbzeit bereits begonnen. Die Energiewende sei keine abrupte Kurskorrektur, sondern ein eher kontinuierlicher Prozess. Manche hätten diesen Wandel rechtzeitig erkannt und gehandelt, manche – und dazu gehöre auch die Bundespolitik – hätten ihn verschlafen. Ausdrücklich lobte Gochermann das Engagement im Emsland und in der Stadt Haren, wo deutlich mehr erneuerbarer Strom produziert werde, als selbst benötigt. Um das Ziel einer vollständig CO2-neutralen Energieversorgung in den nächsten 25 bis 30 Jahren zu erreichen, müssten aber noch erhebliche Anstrengungen unternommen werden. Der Energieexperte stellte klar, dass es nicht allein um das Ersetzen der fossilen Kraftwerke durch regenerative Energien gehe. „Hier ändert sich ein gesamtes System und dreht sich praktisch auf Links. Das ist Teil der vierten Industriellen Revolution, in der wir uns bereits befinden,“ so Gochermann.

 

 

Der Anteil fossiler Energieträger werde sukzessive durch erneuerbare Energien und Wasserstroff ersetzt. Dabei werde Deutschland jedoch als großes Industrieland auch in Zukunft auf Energieimporte angewiesen sein. Den Wasserstoff in sonnenreichen Wüstengebieten zu gewinnen und nach Deutschland zu transportieren erscheine vielfach als einfache Lösung. Um Wasserstoff zu erzeugen, brauche man aber nicht nur viel regenerative Energie, sondern auch große Mengen Wasser. Und das sei in vielen Teilen der Erde, insbesondere in Afrika, bekanntermaßen selten und ein gleichermaßen kostbares wie lebensnotwendiges Gut. Es seien daher nicht nur technische, sondern auch ethische Fragen zu klären. So dürfe die Gewinnung von Energie in den sonnenreichen Ländern Afrikas nicht zur Ausbeutung und einer weiteren Kolonialisierung führen.

Insgesamt, so Gochermann, sei er zuversichtlich, dass die Energiewende auch international gelingen werde. Deutschland habe jedoch seine Chance verspielt, sich durch eine weitreichende Vision an die Spitze des Wandels zu setzen und mit seiner technologischen und wirtschaftlichen Kraft den Wandel zu einer neuen Energiewelt erfolgreich voranzutreiben. Nun laufe man hinterher.